Worum geht’s?
Neben dem Herz-Kreislauf-System spielt das Atmungssystem eine lebenswichtige Rolle für den menschlichen Körper. In diesem ersten Grundlagen-Teil zum Thema „Atmung“ wollen wir Schritt für Schritt einzelne Komponenten des Atmungssystems kennenlernen und uns anschließend die grundlegenden Funktionen der Atmung genauer ansehen.
In dieser Lektion lernst du…
- … wie das Atmungssystem aufgebaut ist und in welche Untergruppen es sich untergliedern lässt.
- … welche wichtige Funktion die Alveolen und das Kapillarsystem der Rolle spielen.
- … nach welchen Prinzipien der Gasaustausch erfolgt und welche physiologischen Vorgänge dabei ablaufen.
Lernstoff
Fallbeispiel
In einer Spätschicht befinden Sie sich als Rettungssanitäter:in mit einem Rettungshelfer auf dem Krankentransportwagen. Nach einer kurzen Pause beim Bäcker werden Sie von der Rettungsleitstelle angefunkt: Ein älterer Mann in einem Café leide an Atemnot, Sie erhalten den Einsatz als First Responder mit dem Stichwort: „Atemnot – vital“. Auf Ihrem Display können Sie aus den Informationen zur Alarmierung entnehmen, dass neben einem RTW ebenfalls ein NEF auf Anfahrt zum Einsatzort sind. Da Sie jedoch eine kurze Anfahrt von 3 Minuten vor sich haben, wird es noch einige Minuten bis zum Eintreffen der weiteren Rettungsmittel dauern. Mit dem Funkspruch „Status 3, verstanden“ übernehmen Sie den Einsatz und fahren mit Sondersignal zum Einsatzort…
Anatomie
Allgemeines
Jede Körperzelle benötigt für verschiedenste Stoffwechselprozesse Sauerstoff (O2) aus der Außenluft. Gleichzeitig muss das körpereigene „Abfallprodukt“ Kohlenstoffdioxid (CO2) aus den Zellen entfernt und abgeatmet werden. Um diese lebenswichtigen Bedürfnisse zu gewährleisten, verfügt der Körper über Atmungsorgane:
- Luftleitende Organe:
- Mund- und Nasenhöhlen
- Rachen (Pharynx) und Kehlkopf (Larynx)
- Luftröhre (Trachea) und Bronchialbaum
- Gasaustauschende Organe:
- Lungenbläschen (Alveolen)
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Die luftleitenden Organe können noch weiter unterteilt werden. Man trennt dabei obere von unteren Atemwegen ab. Die „Grenze“ zwischen beiden Organgruppen liegt dabei zwischen Larynx und Trachea.
Luftleitende Organe
Die luftleitenden Organe erfüllen im Wesentlichen eine Funktion bei der Vorbereitung der Atemluft für den Gasaustausch. Die Außenluft wird dabei beim Durchströmen der luftleitenden Organe erwärmt, angefeuchtet und gereinigt (letzteres geschieht beispielsweise durch die feinen Nasenhaare). Neben der groben Reinigung in der Nase, werden kleinere Partikel, durch einen Schleimhautüberzug auf der Luft-zugewandten Seite der leitenden Atmungsorgane, aufgenommen und mit dem Schleim nach außen transportiert.
Bei der Einatmung (Inspiration) strömt die Luft über den Mund-/Nasenraum in den Pharynx und erreicht schließlich den Larynx. Eine besondere Funktion des knorpeligen Larynx ist dabei der temporäre Verschluss der unteren Atemwege gegenüber dem Rachenraum. Diesen Verschluss lernst du nochmals an späterer Stelle bei der Intubation kennen.
An den Larynx schließt sich die knorpelige Trachea an, eine 10-12 cm lange Röhre, die sich in zwei große Hauptbronchien, den rechten und den linken Hauptbronchus, aufteilt. Die beiden Hauptbronchien teilen sich rechts in drei und links in zwei sogenannte Lappenbronchien auf. Jeder dieser Lappenbronchien leitet die Atemluft zu einem Lungenlappen.
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Vielleicht wunderst du dich, warum sich die Hauptbronchien ungleich in Lappenbronchien aufteilen. Dies hat einen besonderen Grund und wird durch das Herz verursacht. Das links im Thorax gelegene Herz ein wenig Platz für den linken Lungenflügel „verbraucht“, besteht dieser besagte linke Lungenflügel lediglich aus zwei Lungenlappen. Der rechte, größere Lungenflügel wird von drei Lungenlappen ausgebildet. Aus der Anzahl der Lungenlappen kannst du die Anzahl der Lappenbronchien ableiten.
Funfact
Die unterschiedliche Aufteilung der Hauptbronchien ist nicht die einzige Besonderheit der Hauptbronchien: Da der linke Hauptbronchus in seinem anatomischen Verlauf durch das Herz beeinflusst wird, verläuft dieser quer oberhalb des Herzens und somit deutlich flacher, als der rechte Hauptbronchus. Diese Besonderheit ist vor allem bei Aspirationen (= Verschlucken) wichtig. Häufig finden sich Fremdkörper im rechten unteren Lappenbronchus, da aspirierte Objekt dort am einfachsten hineinfallen können.
In ihrem Verlauf zweigen sich die Bronchien zweigen immer weiter auf und enden schließlich als sogenannte Lungenbläschen (Alveolen). Weil die kontinuierliche Verzweigung und Verästelung der Bronchien an die Struktur eines Baumes erinnert, spricht man vom sogenannten Bronchialbaum.
Merke
Die Außenluft durchströmt bei der Inspiration die luftleitenden Organe in folgender Reihenfolge:
Mundhöhle/Nasenhöhle → Pharynx → Larynx → Trachea → Hauptbronchien → Lappenbronchien → Bronchialbaum
Gasaustauschende Organe
Auf die leitenden Organe folgen die gasaustauschenden Organe, in denen die eigentliche Atmung stattfindet.
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Wichtig ist die Anmerkung, dass die Atmung des Körpers in zwei Klassen unterteilt werden muss. Man grenzt eine äußere Atmung, also den Gasaustausch in der Lunge, von einer inneren (Zell-)Atmung ab. Letztere bezeichnet den „Verbrauch“ des aufgenommenen Sauerstoffs in den Körperzellen. Normalerweise ist mit dem allgemeinen Begriff „Atmung“ jedoch die äußere (Lungen-)Atmung gemeint.
Wie bereits erklärt teilt sich der Bronchialbaum in immer kleinere Bronchien und schließlich in sogenannte Bronchioli auf. An die kleinen Bronchioli schließen sich dann die Alveolen an, in denen der Großteil des Gasaustausches in der Lunge stattfindet.
Die Merkebox von oben kann folgendermaßen durch die gasaustauschenden Organe ergänz werden:
Merke
Mundhöhle/Nasenhöhle → Pharynx → Larynx → Trachea → Hauptbronchien → Lappenbronchien → Bronchialbaum → Alveolen
Äußerer Aufbau der Lunge
Die Lunge ist ein paarig angelegtes Organ, welches aus insgesamt zwei Lungenflügeln besteht. Der rechte Lungenflügel besteht aus drei, der linke aus zwei Lungenlappen, die über die Lappenbronchien mit dem Bronchialsystem und somit mit der Trachea verbunden sind.
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Im vorangegangenen Abschnitt haben wir viele neue Begriffe eingeführt. Mache dir an dieser Stelle nochmals klar, welche Bestandteile zur Lunge, und welche zum Bronchialsystem zählen. Die Lunge ist vereinfacht gesagt, eine große Ansammlung vieler Alveolen, die sich innerhalb der Lungenlappen ausbilden. Die luftleitenden Bronchialwege zählen zum Bronchialbaum und somit nicht zur Lunge.
Betrachtet man eine Lunge äußerlich, sind sogenannte Fissuren erkennbar. Diese bezeichnen Einschnitte, die links einfach und rechts doppelt vorhanden sind. Fissuren trennen die einzelnen Lungenlappen voneinander ab.
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Ist dir aufgefallen, dass es am rechten Lungenflügel insgesamt zwei Fissuren gibt? Diese Anatomie macht auch Sinn, da der rechte Lungenflügel im Vergleich zum linken aus drei Lungenlappen besteht.
Beide Lungenflügel sind jeweils außen von einer dünnen Haut überzogen, die als Lungenfell (Pleura visceralis) bezeichnet wird. Das Lungenfell ist fest mit den Lungenflügeln verbunden. Außerhalb des Lungenfells befindet sich das sogenannte Rippenfell (Pleura parietalis) welches von innen mit der Thoraxwand verwachsen ist. Beide Felle liegen in der Pleurahöhle, also in dem Raum in dem sich die Lungenflügel im Thorax entfalten, direkt aufeinander auf. Zwischen den beiden Häuten entsteht ein dünner Pleuraspalt, der mit einem feinen Flüssigkeitsfilm gefüllt ist und beide Felle aneinander entlang gleiten lässt.
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Du kannst dir den Aufbau der Lungenhäute ganz stark vereinfacht mit dem Aufbau eines Sandwiches vorstellen. Die beiden Brotscheiben stellen den Thorax und die Lunge dar. Zur Mitte gehend befindet sich direkt auf jeder Brotscheibe je eine dünne Wurstscheibe, die für die jeweilige Pleura steht. In der Mitte des Sandwiches befindet sich eine Sandwich-Sauce, die beide Sandwich-Hälften aufeinander klebt. Ganz ähnlich zur Sandwich-Sauce befindet sich auch zwischen den beiden Pleurahäuten eine Pleuraflüssigkeit, die die beiden Gewebe aneinander haften lässt.
Aus beiden Lungenflügeln entspringt, zur Mitte zeigend, die sogenannte Lungenwurzel, Hilus genannt. Der Hilus dient vor allem Gefäß- und Nervenstrukturen als Ein- und Austrittsmöglichkeit in die Lunge. Zudem treten die Bronchien über den Hilus in die Lunge ein.
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Erneut spielt die Lage des Herzens eine Rolle für die Anatomie der Lunge und deren Hilus. Wie auch bei der Anatomie der Hauptbronchien, ergibt sich durch die Herzlage eine unterschiedliche Anordnung der Ein- und Austrittsstellen in die Lunge. Du erkennst diese Unterschiede in der nachfolgenden Grafik. Wichtig ist für dich, dass du weißt, welche besondere Rolle das Herz für die Lungenanatomie spielt. Alle weiteren Details sind Expertenwissen.
Organsteckbrief
Die Lunge – Äußerer Aufbau und Lage
- Paarig, aus zwei Lungenflügeln bestehend
- Beidseits im Thorax gelegen
- Rechts: 3 Lungenlappen → 2 Fissuren, Links: 2 Lungenlappen → 1 Fissur
- Lunge von Lungenfell (Pleura visceralis) überzogen
- Je ein Lungenhilus pro Lungenflügel = Ein- und Austrittspforte für Bronchien, Gefäße und Nerven
Innerer Aufbau der Lunge
Du hast gelernt, dass das Lungengewebe aus vielen fein verzweigten Bronchialästen besteht. Die kleinstmögliche Struktur des Bronchialsystems ist dabei das Lungenbläschen, das du als Alveole kennengelernt hast.
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Die Alveolen kannst du dir wie einen Bund Trauben vorstellen. Das Geäst des Bunds steht für das zuleitende Bronchialsystem, während die einzelnen Trauben für die Lungensäckchen (Alveolensäckchen) stehen. Die ganze Lunge besteht somit aus einer Vielzahl dieser Traubenbunde.
Funfact
Wusstest du, dass sich durch die Vielzahl der Alveolen eine unglaublich große Innenoberfläche der Lunge ergibt? Die durchschnittliche Lunge eines Erwachsenen besitzt eine Gesamtoberfläche von knapp 100 m2! Das ist etwa 50-mal so groß wie die Oberfläche der Haut.
Die Alveolen sind allesamt von einem sehr feinen und gut ausgebildeten Gefäßnetz umgeben. Dieses spielt beim Gasaustausch (Physiologie) eine wichtige Rolle. An dieser Stelle kannst du dir aber schon einmal merken, dass es sich bei diesem Gefäßnetz um ein sogenanntes Kapillarbett handelt.
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Hier ist es wichtig, dass du verstehst wie ein Kapillarbett definiert ist. Aus der Lektion zum Herz-Kreislauf-System weißt du bereits, was man unter Arterien und Venen versteht. Kapillargebiete sind Bereiche, in denen Arterien in Venen (oder umgekehrt) ineinander übergehen. An Kapillargebieten ändert sich demnach die Sauerstoffkonzentration des Blutes sehr schnell.
Organsteckbrief
Die Lunge – Innerer Aufbau und Gefäße
- Bestehend aus einer Vielzahl an Alveolensäckchen
- Alveolen von Kapillarnetz umgeben
- Extrem große Oberfläche → wichtig für Gasaustausch
Physiologie
Den zentralen Mechanismus der Lungenfunktion stellt der Gasaustausch dar. Um diesen im Ganzen verstehen zu können sind einige wichtige Grundprinzipien nötig, die du zum Thema Atemphysiologie kennen solltest.
Ventilation und Perfussion
Für den funktionierenden Gasaustausch bedarf es zwei wesentlichen Prinzipien:
1. Ventilation
Damit in der Lunge überhaupt Gase ausgetauscht werden können, muss Sauerstoff-angereicherte Frischluft in die Lunge gelangen. Dies geschieht durch die Einatmung (Inspiration). Die Lunge muss also belüftet = ventiliert werden. In Anschluss an den Gasaustausch muss die Kohlendioxid-haltige Atemluft durch die Ausatmung (Exspiration) wieder abgeatmet werden.
Merke
Ventilation = Belüftung der Lunge mittels In- und Exspiration → Frischluft gelangt in die Lunge, „verbrauchte“ Atemluft wird abgeatmet
2. Perfusion
Beim Gasaustausch werden Gase zwischen dem Luftraum der Alveolen und dem Blut des Körper ausgetauscht. Die Lunge wird dabei über die Ventilation regelmäßig belüftet und somit für den Gasaustausch vorbereitet. Für einen funktionierenden Austausch der Gase, bedarf es einem gut ausgebildeten Gefäßsystem, welches die Durchblutung = Perfusion der Lunge gewährleistet. Das bereits erwähnte Kapillarsystem spielt dabei eine wichtige Rolle.
Merke
Perfusion = Durchblutung der Lunge → Alveolen-umgebendes Kapillarsystem ermöglicht konstante Durchblutung
Der Gasaustausch
Zu Beginn dieser Lektion hast du gelernt, dass jede Körperzelle Sauerstoff (O2) aufnehmen und gleichzeitig Kohlenstoffdioxid (CO2) als „Abfallprodukt“ abgeben möchte. Um diesem „Grundbedürfnis“ gerecht zu werden, findet an zwei Stellen des Körpers der sogenannte Gasaustausch statt.
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Die Definitionen der äußeren und inneren Atmung hast du bereits kennengelernt. Unter Berücksichtigung dieser Definition ist die Formulierung „findet an zwei Stellen des Körpers“ für den Gasaustausch nicht ganz treffend. Uns ist wichtig, dass du verstehst, dass der Gasaustausch einerseits in der Lunge und andererseits „im Körper“ an jeder Körperzelle stattfindet. Der Gasaustausch läuft demnach an ganz vielen verschiedenen Stellen des Körpers ab! Für das Verständnis ist es jedoch deutlich einfacher, eine äußere (Lungen-) von einer inneren (Zell-)Atmung zu unterscheiden.
Die Inspiration lässt O2-angereicherte Frischluft in die Lungen einströmen.
Funfact
Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Frischluft (Umgebungsluft) lediglich zu etwa 20 % aus reinem Sauerstoff besteht. Die anderen Bestandteile der Luft sind zu knapp 70 % Stickstoff und zu einem geringen Anteil verschiedenste Edelgase und CO2.
In den Alveolen kann der Sauerstoff aus der Frischluft über die dünne Alveolenwand in das Kapillarblut übertreten. Die treibende Kraft für diesen Vorgang ist das physikalische Prinzip der Diffusion.
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Die Diffusion basiert auf Konzentrationsunterschieden und ist ein physikalisches Grundprinzip. Du kannst dir die Diffusion anhand eines einfachen Beispiels erklären: Gibt man einige Tropfen Zuckersirup in ein Wasserglas, so wird sich dieser nach einiger Zeit von allein im ganzen Glas verteilt haben. Dafür ist kein Umrühren nötig. Grund dafür ist die Diffusion.
Wichtig ist, dass du verstehst, dass Diffusion immer automatisch und ohne externe Beteiligung abläuft. Wie in unserem Beispiel, verteilen sich Substanzen oder Gase in einer bestimmten Umgebung automatisch. Dabei erfolgt die Verteilung immer von Orten hoher zu Orten niedriger Konzentration.
Der Übertritt des Sauerstoffs in das Kapillarblut erfolgt beim Gasaustausch durch eben genannte Konzentrationsunterschiede. Diese resultieren aus verschiedensten Prozesse, die in den Körperzellen Sauerstoff verbrauchen. Der Sauerstoff wird dafür aus dem sauerstoffreichen Frischblut entnommen. Nach der „Entladung“ bzw. Abgabe des Sauerstoffes an die Körperzellen, gelangt sauerstoffarmes Blut zurück ins Herz. Nach kurzem Durchlauf durch die rechte Herzhälfte wird das sauerstoffarme Blut in Richtung Lunge gepumpt, ehe es in die feinen Kapillargebiete der Alveolen einströmt.
Der Sauerstoff der Alveolarluft kann nun mittels Diffusion vom Ort hoher Konzentration (Frischluft) zum Ort niedriger Konzentration (sauerstoffarmes Kapillarblut) übertreten. Bei diesem Übertritt überwindet der Sauerstoff sowohl die Alveolarwand als auch die dünne Gefäßwand der Kapillaren. Dieses „Hindernis“, also beide Wandstrukturen die ein Gas beim Gasaustausch überwinden muss, bezeichnet man als Blut-Luft-Schranke.
Umgekehrt zur Diffusionsrichtung des Sauerstoffes verhält sich die Diffusion des Kohlenstoffdioxides (CO2). Das, bei Sauerstoff-verbrauchenden Prozessen entstandene, Abbauprodukt CO2 wird aus dem Körper über die Exspiration abgegeben. Das „ausgeschöpfte“ sauerstoffarme Blut ist deshalb reich an CO2 und durchströmt die Kapillargefäße der Lunge. Beim Gasaustausch tritt parallel zum Sauerstoffübertritt, Kohlenstoffdioxid vom Ort hoher Konzentration (Kapillarblut) zum Ort niedriger Konzentration (Frischluft) über.
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Puhh, wir atmen erstmal durch! Was sich im ersten Moment komplex anhört, ist ganz einfach: Die eingeatmete Frischluft in den Alveolen ist reich an O2 und arm an CO2. Das zurückströmende Blut aus der Körperperipherie ist genau umgekehrt „ausgestattet“: Arm an O2 und reich an CO2. Durch die Diffusion strömt O2 aus den Alveolen ins Kapillarblut und CO2 in genau umgekehrter Richtung.
Das in die Lunge einströmende Blut fließt gleichzeitig vom Herzen weg und wird deshalb als arterielles Blut bezeichnet. In diesem Sonderfall leiten Arterien jedoch sauerstoffarmes und kohlenstoffdioxidreiches Blut, welches in das Kapillarbett der Alveolen einströmt. Im Kapillarbett findet der Gasaustausch statt, durch den sich die Gaskonzentrationen des Blutes rasch umkehren. Das sauerstoffreiche und kohlenstoffdioxidarme Blut fließt aus der Lunge zurück zum Herzen und wird deshalb als venöses Blut bezeichnet.
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In fast allen Regionen des Körpers leiten Arterien sauerstoffreiches und Venen sauerstoffarmes Blut. Die einzige Ausnahme stellt der Lungenkreislauf dar, in dem sich die Gaskonzentrationen exakt umgekehrt verhalten.
Atemmechanik und Lungenvolumina
Abschließend wollen wir noch ein paar wesentliche Grundsätze der Atemmechanik beleuchten.
Die Inspiration erfolgt, nicht wie häufig vermutet durch eine aktive Einatmung, sondern durch einen passiven Sog. Bei der Einatmung spannt sich das Zwerchfell an und zieht dadurch die Lungen nach unten Richtung Bauchraum. Diese Weitung bzw. Verlagerung der Lungen führt zu einem Unterdruck, der Luft von außen in die Lungen einströmen lässt. Zusätzlich hebt sich der Brustkorb, was die Inspiration ebenfalls erleichtert. Durch eine Entspannung und ein Senken des Brustkorbs steigt der Druck auf die Lungen, wodurch es zur Exspiration kommt.
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Die Lungenmechanik kannst du mit einem Luftballon vergleichen. Wird von außen Druck auf den Ballon ausgeübt, neigt die enthaltene Luft dazu auszuströmen (Exspiration). Umgekehrt entsteht ein Unterdruck, wenn der Ballon von außen vergrößert bzw. auseinander gezogen wird und es kommt zum Einstrom der Luft (Inspiration).
Man unterscheidet verschiedene Atemvolumina, die du für die Praxis grob kennen solltest. Bei jedem Atemzug werden in etwa 0,5 Liter Luft bewegt (Atemzugvolumen). In Ruhe erfolgen in einer Minute zwischen 14-16 solcher Atemzüge, was als Atemfrequenz bezeichnet wird. Zusätzlich zur üblichen Inspiration können weitere 2,5 Liter eingeatmet werden (Inspiratorisches Reservevolumen = IRV). Umgekehrt dazu können zu normalen Exspiration etwa 1,5 Liter zusätzlich ausgeatmet werden (Exspiratorisches Reservevolumen = ERV). Addiert man beide Reservevolumina und das Atemzugvolumen, ergibt sich das maximal „bewegbare“ Atemvolumen, Vitalkapazität (VC, ca. 4,5 Liter) genannt. Selbst nach maximaler Exspiration verbleiben immer etwa 2 Liter in der Lunge und den Atemwegen. Grund dafür ist der Schutz der Atmungsorgane und -wege vor einem Kollaps. Dieses verbleibende „Restvolumen“ nennt man Residualvolumen (RV).
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Es kann gut sein, dass dich die vielen Definitionen der Volumina ein bisschen durcheinander bringen. Wichtig ist, dass du weißt welche Volumina unterschieden werden und wie diese grob definiert werden. Die nachfolgende Merke-Box und die Grafik am Ende dieser Lektion verdeutlichen dir die unterschiedlichen Volumina nochmals.
Merke
Atemzugvolumen = AZV = 0,5 l
Atemfrequenz = 14-16/min
Atemminutenvolumen = AZV * 14-16/min = 7-8 l
Exspiratorisches Reservevolumen = ERV = 1,5 l
Inspiratorisches Reservevolumen = IRV = 2,5 l
Vitalkapazität = VC = ERV + AZV + IRV = 4,5 l
Residualvolumen = RV = 2 l
Funfact
Eine normale Atemfrequenz bezeichnet man als Normoventilation. Erhöht sich die Atemfrequenz wird dies als Hyperventilation bezeichnet, umgekehrt dazu nennt man eine verminderte Atemfrequenz Hypoventilation. Die normale Atemfrequenz beim Erwachsenen beträgt 14-16 Atemzüge/Minute. Bei Säuglingen und Kindern sind jedoch auch Werte von 40-50/Minute bzw. 20-30/Minute normal.
Auf den Punkt gebracht
Am Ende dieses ersten Teils zum Thema Atmung weißt du nun alles wichtige über den Aufbau der Lunge und ihrer Atemwege. Du kennst du luftleitenden und luftaustauschenden Organe und kannst die grundlegenden Prinzipien des Gasaustausches beschreiben. Alle diese Grundlagen wirst du im zweiten Teil bei den klinischen Notfällen gebrauchen und anwenden können. Falls du einmal nicht direkt alle Zusammenhänge verstehen solltest, kannst du jederzeit nochmals in dieser Lektion nachlesen.
Du solltest nun…
- … den anatomischen Aufbau der Lunge und Atemwege kennen.
- … die Prinzipien der Diffusion und des Gasaustausches verstanden haben.
- … verschiedene Lungenvolumina definieren und mit Normwerten zuordnen können.